Di. 04.11.2014
Schon vor der Ankunft konnte ich mir ein Bild von der riesigen Stadt mit den vielen modernen Hochhäusern machen. Außerdem waren die Straßen abenteuerlich gebaut: oft mehrstöckig auf Betonpfeilern gebaut und im nächsten Moment gingen sie in einen Berg dieser so hügeligen Stadt über. Vom Nordbahnhof kam ich mit der städtischen Bahn zum Greenforest Hostel. Hier in der Umgebung waren die modernsten Wolkenkratzer mit teuren Läden und die ursprüngliche alte Stadt direkt nebeneinander. An den Hang zum Jangtse hinunter lassen sich nicht so einfach Hochhäuser bauen, also blieb das kleine Viertel bis heute noch unverändert. Auf Li Ruis Vorschlag ging ich zum Eling-Park und schaute vom dortigen Pavillon ab der Dämmerung auf die Stadt. Richtung Süden konnte man den Jangtse, den drittlängsten Fluss der Erde, sehen.
Und Richtung Norden den Jialing Jiang, der etwas weiter in den Jangtse fließt.
Im Zentrum warf ich einen nächtlichen Blick auf das ursprüngliche Viertel. Auf dem dunklen Platz war viel Leben mit Platztanz und Kartenspiel. Schicker und deutlich heller war es beim Befreiungsdenkmal ganz in der Nähe. Dieses war einmal das höchste Bauwerk in der Umgebung, heute geht es unter den Wolkenkratzern und Videoleinwänden fast unter.
Mi. 05.11.2014
Mir war danach, ein paar Postkarten zu schreiben. Bei der Post bekam ich große Hilfe, den Schlüssel des Hostels in Ürümqi, den ich aus Versehen mitgenommen hatte, dorthin zurückzuschicken. So warf ich nochmal einen Blick auf den Hang Richtung Jangtse.
Nun schaute ich mir Ciqikou, die Porzellanstadt, an. Zuerst zog es mich an den Jialing Jiang. Beeindruckend, wie hier eine Straße auf dem Fluss gebaut ist.
Von dort konnte ich auf den Hafen, die Hügel und das Baolun-Kloster am Berg blicken.
Während ich über das Kloster zu den engen Gassen im Dorf ging, kam die Sonne raus.
So ging ich abschließend ein zweites Mal zur Aussichtsplattform über dem Jialing.
Auch im Zentrum konnte ich die Abendsonne genießen. Dann traf ich mich mit Li Rui, die unplanmäßig doch in ihrer Heimatstadt war, die sie nach der Schulzeit verlassen hatte. Vor fast fünf Jahren waren wir mal gemeinsam Trauzeugen. Sie kam direkt ins Hostel und nahm mich mit ans Ufer des Jialing. Hier waren vor zehn Jahren noch steile Felsen, nun wurde eine ansehnliche mehrstöckige Touristenmeile im traditionellen Stil gebaut.
Im 11. Stock geht man vom Zentrum kommend ebenerdig in ein Hotel und im 1. Stock geht man dem Jialing zugewandt ebenfalls ebenerdig hinaus. Im 5. Stock befindet sich das Restaurant des River View Hotels und dort aßen wir gemeinsam bei einem schönen Blick auf den Fluss und die bunt beleuchteten Ausflugsboote und Wolkenkratzer.
Obwohl wir uns seit fast fünf Jahren nicht mehr gesehen hatten, verstanden wir uns sehr gut. Außerdem freute ich mich, an diesen schönen Ort gebracht worden zu sein. Wir blieben so lange, bis das Restaurant schloss.
Do.06.11.2014
Nun ging ich durch das ursprüngliche, ärmlich scheinende Viertel zum Jangtse hinunter.
Der hiesige Volkspark liegt an einem Steilhang. Es zwitscherten Vögel, die allesamt in Vogelkäfigen aufgehängt waren.
Am Abend fuhr ich mit der Seilbahn über den Jangtse und genoss ein letztes Mal den Blick auf die Skyline.
Bei der Seilbahnstation gab es eindrückliche Schwarzweiß-Bilder vom ursprünglichen Chongqing.
Fr. 07.11.2014
Beim Draußen-Brotbäcker meines Vertrauens oben am Hang zum Jangtse holte ich frisch gebackene mit Honig gefüllte Brote zum Frühstück und fuhr zum Flughafen.
Sa. 01.11.2014
Ich kam bei Dunkelheit im äußerst belebten Chengdu an: Auf der Straße wurde allerhand zum Verkauf angepriesen. Besonders gefielen mir die fahrbaren Essensstände mit scharf gewürztem Tofu, Nudeln oder Kartoffeln. Umgeben von Wolkenkratzern ging ich am Fluss Jin Jiang entlang zum überraschend schicken und teuren Kneipenviertel.
So. 02.11.2014
Den Tag verbrachte ich mit meinem Zimmerkollegen Perry aus Taiwan. Er half mir beim Kauf meines Zugtickets nach Chongqing am Ostbahnhof und wir gingen über den mit einer Mao-Statue versehenen Tianfu-Platz zum Wuhou-Tempel, der zu Ehren mehrerer Persönlichkeiten (u.a. Kaiser Liu Bei und Militärstratege Zhuge Liang) aus der Zeit der Drei Reiche (220-280) errichtet wurde.
Um die Ecke gab es eine tibetisch geprägte Straße mit einem ganz anderen Schlag Menschen, die teils auch bettelten. Als krasser Kontrast standen auf der anderen Seite der Hauptstraße vor dem Eingang zum historischen Distrikt Jinli Gujie Damen in Brautkleidern, die Werbung für Audi machten.
Am Abend aßen wir in einem Restaurant Hotpot (deutsch: Feuertopf) und genau so scharf war es auch, aber sehr lecker.
Mo. 03.11.2014
Früh am Morgen schloss ich mich einer Tour zur Panda-Zuchtstation am Stadtrand an. Die niedlichen Tiere gibt es nur noch in wenigen Regionen Chinas hier in der Umgebung. Im Verlauf der Evolution sind sie zu Pflanzenfressern geworden und knabbern heute hauptsächlich Bambus.
Natürlich war ich mittendrin.
Oft klettern sie auf Bäume.
Und das Vermehren fällt ihnen schwer. Neugeborene sind winzig klein und noch ohne Fell, das sie nach wenigen Tagen bekommen.
Und auch aus der Nähe konnte ich einen Panda sehen.
Und auch rote Pandas gab es zu bewundern.
Bei meinem Flipflop Lounge Hostel um die Ecke war ein kleiner Platz mit Tischtennisplatten und einem Reck. Hier war manchmal ein Platztanz und an diesem Mittag war eine Mutter mit Kind und Vogelkäfig da.
Nun wollte ich den Jin Jiang umgeben von Wolkenkratzern auch bei Tageslicht erleben.
Am grünen Ufer angelten einige Männer in aller Ruhe.
Im Volkspark legte mich erst mal in eine grüne Wiese in die Sonne, ein Mann grüßte ganz freundlich. Ansonsten war viel geboten: Es gab Sängerinnen, die von einem Orchester begleitet wurden.
Selbstverständlich wurde auch Karaoke gesungen und es gab verschiedene Platztänze. Bei einem tanzten eine Frau und ein Mann in Kostümen die gar nicht so einfache Choreografie vor.
Es lagen und hingen auch DIN-A-4-Zettel herum, das waren Kontaktanzeigen von Eltern, die ihre in den 80er-Jahren geborenen Kinder inklusive Größe anpriesen. Dank der Grünanlagen und dem Wasser herrschte eine entspannte Atmosphäre in der doch so großen Stadt.
Es gab noch viel mehr zu sehen: Zu Musik wurden Tanzschritte eingeübt, es wurden Brettspiele oder Karten gespielt, ein Mann ließ einen Drachen unglaublich in die Höhe steigen und ein anderer Mann malte mit einer Wasserflasche Bilder auf den Steinboden. Dann gönnte auch ich mir eine Pause, wie es sich für Chengdu gehört, in einem Teehaus. Das He-Ming-Teehaus ist eines der ältesten.
Am Abend ging ich noch zum Wenshu-Tempel, wo ich zur Abenddämmerung dem beeindruckenden, fast schon hypnotisierenden Gesang der Mönche zuhörte.
Dort traf ich aus dem Hostel die Engländer Natalie und Lee wieder, die am Vormittag ebenfalls bei der Panda-Tour dabei waren, sowie die in Wien lebende Schottin Rachel. Zusammen gingen wir zur Kuanxiangzi-Gasse, wo wir ein paar lokale Speisen probierten.
In Hostel hingen wir noch ermüdet auf unseren Hockern zusammen.
Di. 04.11.2014
Am Morgen verabschiedete ich mich von Natalie und Lee und nahm den außerordentlich modernen und schnellen Zug nach Chongqing.
Mi. 29.10.2014
Schon bei der Landung in Chengdu fielen die grünen Wiesen und Bäume auf. Es gab keine Wüste und keine herbstlich gefärbten Bäume mehr in dieser feuchten Klimazone. Nun war ich dem Winter endgültig entkommen. Am Flughafen konnten meine kirgisischen Sum auch nicht gewechselt werden. Vom Shuttlebus stieg ich geistesgegenwärtig nahe des Xinnanmen-Busbahnhofs aus. Entlang des Flusses Jin Jiang waren Angler, was diese Großstadt sehr gemütlich machte. Bei meiner Busfahrt nach Emei bekam ich schon einen ersten Eindruck von Chengdus Größe und Skyline. Im gleichen Bus wurde ich sogar bis Baoguo weiter mitgenommen. Hier war die ganze Pflanzenwelt grün, die Hauptstraße zur Dämmerung bunt beleuchtet und man konnte die nahe gelegenen Berge erkennen. Nach längerer Suche und der Hilfe einer freundlichen Chinesin, die beim Teddy Bear Hotel anrief, fand ich dieses und wurde in mein gebuchtes 6er-Zimmer gewiesen, wo ich die Schweizerin Milena und die Französin Barbara traf. Wir gingen um die Ecke etwas essen und wählten zufällig je ein Gericht auf der chinesischen Speisekarte, wobei ein bunter Mix aus Reisgerichten und scharfer Nudelsuppe herauskam. In den nebeneinander liegenden Restaurants spielten einzelne Gitarrenspieler mit Verstärker chinesische Lieder.
Do. 30.10.2014
Nun begann der Ausflug auf den Emei Shan, einen heiligen Berg für Buddhisten. Mit Bus und Seilbahn erreichte ich schnell den Wannian-Tempel auf 1020m Höhe.
Nun begann der erwartete Anstieg über die Treppen.
Ich traf Max (chinesisch Ma) und wir taten uns zusammnen. Er wusste viel, sogar vom 5:4-Sieg des VfB am Wochenende in Frankfurt. Zu Beginn, als wir noch mehr Puste hatten, redeten wir noch viel miteinander.
Aber es ging dauerhaft und teilweise steil bergauf.
Nach vier Stunden waren wir beim Kloster Elefantenbad (2070m) und sahen die ersten der berüchtigten Affen.
Zudem standen wir in unglaublich dichtem Nebel.
Ich wollte ursprünglich hier übernachten. Aber es war noch Zeit und so blieb ich bei Max, der weiter hoch wollte. Mit einer kurzen Esspause in einem der vielen kleinen Restaurants am Hang waren wir zwei Stunden später am Jieyin-Kloster (2540m).
Zwischendurch trafen wir eine freundliche siebenköpfige Studentengruppe aus Chengdu, ein Mädchen schenkte mir einen Tofu-Snack. Ein frecher Affe schnappte sich Max‘ Wasserflasche aus dessen Seitenfach am Rucksack. Nun fehlten uns nur noch 500 Höhenmeter bis zum Goldenen Gipfel. Mit letzter Kraft und der auftauchenden Abendsonne über den Wolken als Motivation gingen wir bis zur Dämmerung noch eine knappe Stunde weiter.
Rechtzeitig erreichten wir die von Max bekannte Unterkunft ca. 150 Höhenmeter unterhalb des Goldenen Gipfels.
Wir bekamen ein Zweier-Zimmer zum chinesischen Preis (120 statt 260 Yuan) und ein Abendessen.
Um 20 Uhr lagen wir müde im Bett und hatten nun vor, den Sonnenaufgang vom Goldenen Gipfel aus zu beobachten, auf 3077m Höhe.
Fr. 31.10.2014
Schon vor 6 Uhr wurden wir geweckt und gingen nach einer warmen Nudelsuppe im Dunkeln mit unseren Taschenlampen los. Rechtzeitig waren wir am Gipfel und konnten zur Morgendämmerung über die Wolkendecke sehen.
Auch in Richtung Qianfo- und Wanfo-Spitze konnte man sehen.
Nun zogen aber die Wolken erbarmungslos nach oben und wir standen mit vielen anderen Touristen im Nebel.
Doch plötzlich verzogen sich diese wieder und es gab einen Aufschrei, als genau in dem Moment die Sonne aufging.
Schön.
Auch das an der Spitze befindliche Tempelgebäude wurde morgendlich beleuchtet.
Sieben Minuten lang zeigte sich die Sonne und verschwand dann unter den dichten Wolken am Himmel.
Schnell wurde es auch wieder neblig. In der Hoffnung, die Sonne noch einmal zu sehen, blieben wir noch länger am kalten Gipfel.
So schauten wir uns den Jinding-Tempel an.
Hier roch es nach Weihrauch und es wurden Kerzen angezündet.
Als immer mehr laute Touristengruppen ankamen und sich keine Sonne mehr andeutete, machten wir uns auf den Weg nach unten. Kurz vor der am höchsten gelegenen Bushaltestelle Leidongping trafen wir die sieben Studenten vom Vortag wieder und konnten mit deren Minibus günstig zurück nach Baoguo fahren. Wir verabschiedeten uns voneinander und ich war Max unendlich dankbar, denn ohne ihn wäre mein Tag sicher nicht so schön verlaufen. Am Nachmittag ging ich durch den Ort Baoguo, an den Restaurants vorbei, die ihr Fleisch in Lebendform draußen hatten.
Am Ende der Hauptstraße zu Füßen des Emei Shan waren ein kleiner Tempel, ein Wasserfall und eine keine Ausstellung zum Buddhismus in der Region.
Der Weg zum Baoguo-Tempel war besonders schön.
Bei Dunkelheit genoss ich die abendliche Beleuchtung Baoguos.
Bei den Restaurants aß ich Gongbao Jiding (Pikantes Hähnchen mit Erdnüssen) und kam ordentlich ins Schwitzen. Auch die Gitarrenspieler waren wieder da und unterhielten die Touristen.
Auf dem Heimweg regnete es und ich konnte kaum glauben, dass ich am gleichen Tag den Sonnenaufgang gesehen hatte.
Sa. 01.11.2014
Mit dem Bus fuhr ich nach Leshan. Dort gab es den 71m hohen in Stein gehauenen sitzenden Buddha (leider nur von oben) zu bestaunen.
Weitere Highlights in Leshan waren die erfolgreichen Fahrten mit den öffentlichen Bussen, die hilfsbereiten Menschen, das grüne Ufer des Flusses Min He, leckere Sichuan-Nudeln in einem nicht touristischen Kleinrestaurant und der Blick auf den Zusammenfluss von Dadu He und Min He.
So. 26.10.2014
Kurz vor Ürümqi mussten alle Fahrgäste mit sämtlichem Gepäck durch eine Sicherheitskontrolle. Am südlichen Busbahnhof fand ich mich schnell zurecht und fand den richtigen Stadtbus, der mich zur Hauptverkehrszeit durch das Zentrum der 3-Millionen-Einwohner-Stadt fuhr. Im White Birch International Youth Hostel wurde ich von einem verrückten Vogel mit deutschen Flaggen auf dem Militärjäckchen freudig empfangen. Den sonnigen Abend schlenderte ich noch um den Südlichen See und genoss die Wärme vor dem angekündigten Kälteeinbruch.
Dort um die Ecke tanzten drei Jungen zu selbst mitgebrachter Techno-Musik.
Im Carrefour-Einkaufskomplex gönnte ich mir in einem Buffet-Restaurant namens Big Pizza europäisches Essen. Am späten Abend gab es ein kurzes Skype-Gespräch mit den Eltern.
Mo. 27.10.2014
Ich machte mich mit dem Bus zu den verbliebenen uigurischen Vierteln.
Es war nicht mehr viel uigurische Kultur übrig in der han-chinesisch geprägten Großstadt. Die uigurischen Viertel (Shanxixiang und Lingguanxiang) waren von Baustellen und Hochhäusern umgeben. In der Shanxixiang genoss ich noch einmal ugurisches Essen und Tee.
Der Internationale Basar war durch die Nachbildung des Kalon-Minaretts in Buchara sehr eindrücklich.
In der Lingguanxiang löste ein Mann ein totes Schaf von seinem Fell und hing es mit seinem Sohn zu den anderen geschlachteten Schafen. Ein weiteres totes Schaf lag daneben. An Ende der Straße war eine Grundschule und es kam gerade, von der Polizei bewacht, eine Schulklasse mit größtenteils Han-Chinesen heraus. Ein uigurisches Schulkind, wie alle anderen in gelber Schultracht mit rotem Pfadfinder-Halstuch, wurde am Ausgang der Schule von der Mutter in die Arme genommen. Nun suchte ich nach dem internationalen Touristenbüro CITS, wo ich noch eine Schuld zu begleichen hatte: Hier zahlte ein Herr namens Zang Bing die 50 Yuan (6,50 Euro) für meinen Einladungsbrief für die Region Xinjiang. Das Büro war umgezogen, also ließ ich mir von einem netten jungen Mann in einem Busreisebüro weiterhelfen. Beim CITS sagten sie mir, dass Zang Bing nicht mehr hier arbeitete. Also vertraute ich und ließ die 50 Yuan mit einer Nachricht dort. Wenig später befand ich mich im Großstadtgetümmel umgeben von Hochhäusern und Mobilfunk-Läden, von denen aus von chinesischer Musik bis Shakira jeglicher Lärm überlappend dröhnte. Ich fand auch eine Micro-SD-Karte mit SD-Adapter, um in Zukunft von meinem Tablet aus Fotos hochladen zu können. Der Volksplatz war wie fast alle öffentlichen Orte von der Polizei bewacht und fast menschenleer.
Im Hostel kam am späten Abend Tommy aus Tennessee ins Zimmer und so hatte ich doch noch nichtchinesische Gesellschaft. Er erzählte von Tibet und Nordkorea und zeigte beeindruckende Bilder, während es draußen zu schneien begann. Zudem machten wir gegenseitig Einträge in unsere Büchlein.
Di. 28.10.2014
Der wenige Schnee, der in der Nacht fiel, blieb liegen. Wieder habe ich an einem Ort den ersten Schnee mitbekommen.
Dafür konnte man vom Südlichen See aus jetzt die verschneiten Berge im Westen sehen.
Nach dem morgendlichen Spaziergang versorgte ich mich mit Essen für den Tag und verkroch mich auf mein Bett. Am Nachmittag war wie erwartet Drew aus Turpan angekommen. Wenig später kam Tommy von seinem erfolglosen Versuch den Bergsee Tian Chi zu erreichen zurück. Bei der Bank Of China kannte der junge Angestellte meine kirgisischen Sum des nahe gelegenen Nachbarlandes nicht und ich konnte sie so auch nicht in Yuan umtauschen. Mit Drew und Tommy verbrachte ich den Abend im Hostel.
Mi. 29.10.2014
Mein letztes uigurisches Dankeschön (Rechmett) richtete ich an den Taxifahrer, nachdem er mich am Flughafen abgesetzt hatte. Der Flug nach Chengdu ging teils übers verschneite tibetische Hochland weiter in eine ganz andere Klimazone.
Do. 23.10.2014
Beim Aufenthalt in der dortigen Wartehalle stellte ich fest, dass hier ein ganz anderer Schlag Menschen war: Es gab weniger Uiguren und die Han-Chinesen waren dunkelhäutiger. Mein Hartschläfer-Bett in einem Gesamtwaggon mit nur seitlichen Wänden war bequem genug für eine kurze Nacht.
Fr. 24.10.2014
Die Schaffnerin war schneller als mein Wecker und ich war kurz nach 6 bei Dunkelheit am Bahnhof Turpan, der genau genommen in Daheyan, ca. 60 km vom Ort entfernt, liegt. Am Ausgang war ein Riesen-Geschrei von Menschen, die alle irgendwas auf chinesisch anboten. Ich ging einem inoffiziellen Taxifahrer ins Netz, der drei Worte englisch sprach. Wir fuhren los, als er noch drei Uiguren auf die Rückbank geladen hatte. Bei einem Sicherheitscheck, an dem das vor uns fahrende Auto problemlos durchkam, mussten wir zur Seite fahren und der Fahrer stieg kurz mit deren Personalausweisen und meinem Pass aus. Von den Uiguren ließ sich der Fahrer zwei Zigaretten geben und lud sie dort ab, wo es ihm passte, auch gab es keine weitere Diskussion. Auch mich lud er erst nach zweimaligem Hinweisen auf die Adresse am White Camel Hostel aus, wollte dann auch noch auf ein Blatt mit chinesischem Stempel deutend mehr Geld, das ich ihm verweigerte. Glücklicherweise wurde ich ins verriegelte Hostel reingelassen und eine Stunde später konnte ich mein Bett beziehen, um den Vormittag zu schlafen. Im Wüstenort, 154m unter dem Meeresspiegel gelegen, ist die Fußgängerzone der Qingnian-Straße von Weinreben bewachsen, die im heißen Sommer Schatten spenden.
Am Rande des Gaochang-Parks wurde chinesische Musik gespielt, zu der Paare tanzten. In unmittelbarer Entfernung lief rhythmische uigurische Musik, zu der etwas ausgelassener getanzt wurde.
Ich fuhr noch zum Emin-Minarett, das sich in abendlicher Stimmung zeigte.
Auf dem Rückweg zum Zentrum konnte ich in die Straßen der uigurischen Siedlung blicken.
Vom Hostel starteten die Rumänin Ariana, der Australier Drew, ein englisch-polnisches Draufgänger-Duo und ich eine Tour durch die Nachtmärkte.
Sa. 25.10.2014
Am Morgen schloss ich mich wie die Japanerin Maiko der von einem englischsprachigen Guide vorgeschlagenen Tour rund um Turpan an. Mit einer chinesischen Familie ging’s zuerst zu den Ruinen der antiken Wüstenstadt von Jiaohe.
Diese lagen auf einem beeindruckenden Hochplateau, umgeben von steilen Hängen und einem Fluss.
Weiter ging’s zu einem Museum mit einer Nachbildung eines uigurischen Dorfs.
Hier konnten wir wieder die typischen Weinreben-Dächer sehen.
Unser nächster Stopp war bei einem Museum zum über 2000 Jahre alten zentralasiatischen Bewässerungssystem Kares: Ein Kopfbrunnen (Kares) sammelt Schmelzwasser, das durch unterirdische Kanäle weiterfließt.
Von oben gerät man durch die unzähligen vertikalen Schächte an das Wasser. Östlich von Turpan gelangten wir zu den Flammenbergen mit einem tiefen Flusstal.
Bei den Grotten von Bezeklik waren die Lage und die dudelnde Musik eines Einheimischen spannender als die wenigen Gemälde in den Grotten.
Wieder zurück gingen Maiko und ich noch am See nahe des Hostels vorbei. Am Abend saßen wir mit Drew zusammen und gingen auf ein paar Gemüse- und Hähnchenspieße auf den Nachtmarkt um die Ecke.
Drew und ich tranken im Hostel noch unsere Biervorräte leer und ich träumte trotz des schönen Tages immer noch vom Bayanbulak-Grasland.
So. 26.10.2014
Ich verabschiedete mich von Maiko. Draußen sangen eine Frau und ein Mann Karaoke und die ersten Zuschauer saßen dabei.
Beim Busbahnhof traf ich zufällig den Guide vom Vortag und bekam am Schalter problemlos eine Fahrkarte für den bequemen Reisebus nach Ürümqi.
Di. 21.10.2014
Es kam die erwartet eindrucksvolle Busfahrt über das südliche Tianshan-Gebirge. Zuerst waren rötliche Berge und ein Flusstal zu sehen.
Dann erreichten wir einen Bergsee und ein Nomadendorf mit Jurten.
Und nun kam der Anstieg zum Pass über die verschneiten Berge. Hier überholte unser Bus den einen um den anderen Lastwagen auf der kurvigen Straße.
Ich sah von meinem oberen Liegeplatz glücklicherweise nur zur Seite heraus und vertraute dem Fahrer. Als wir über dem Pass auf der auf 2500m gelegenen Hochebene waren, gab es eine Pause.
Wenig später war die Sonne untergegangen und wir auch bald im Dorf Bayanbulak angekommen. Es war eiskalt und windig und ich war auf einer Straße, auf der links und rechts viele Leuchtreklamen in ausschließlich chinesischer Schrift waren.
Hier seien Unterkünfte zu finden, ließ mich der zweite Fahrer verstehen. Also ging ich ins erste Restaurant, das sich auch als Pension (Feng Yuan) herausstellte. Die Tochter des Hauses hatte ein Zimmer für mich. Der Vater meinte, ich solle mich setzen und ein paar Minuten warten. Wenig später kam die Polizei, zwei junge Burschen, die wohl offiziell absegnen sollten, dass ich als Ausländer hier zwei Nächte bleiben kann. Womöglich half mir hier mein Einladungsschreiben für die hiesige Region Xinjiang, so konnten sie gleich sehen, dass ich Individualtourist bin. Viele weitere Fragen hätten die beiden Polizisten mir auch nicht stellen können, denn sie sprachen kein Englisch. Nach einer Kopie meiner Dokumente inklusive Personalausweis verabschiedeten sich die beiden und ich bekam mein Zimmer, wofür ich der Familie sehr dankbar war.
Nach einem Abendessen und einem Bier schlief ich zu einem Live-Spiel der Champions League ein.
Mi. 22.10.2014
Zunächst wollte ich im Ort nach einem Ticket für meine Weiterfahrt am Folgetag schauen. Etwas weiter am Straßenrand stand tatsächlich der passende Bus nach Hejing. Der unfreundliche Busfahrer schickte mich mit einer Frau weg, die mich in ihr Restaurant nahm, wo’s keine Bustickets gab. Als ich herausfand, dass man die Tickets beim Bus direkt bekommt und darauf vertraute, dass es diese Verbindung auch am Folgetag geben würde, ging ich zurück ins Restaurant und bekam dort eine Riesenportion Fleisch mit Gemüse als Frühstück. Die zwei riesigen Manti nahm ich mit, ging zunächst durch’s Dorf und stieg die Treppen zum nahe gelegenen Hügel hoch. Am Gipfel waren an Tibet erinnernde bunte Stoffteile an Schnüren und ein Pavillon.
In der Gegend leben neben den Uiguren und Han-Chinesen auch buddhistische Mongolen. Wieder im Dorf suchte ich mir einen Fahrer für mein 40 km entferntes Ziel. Ich sprach eine Gruppe von Männern (Uiguren und Mongolen) an, hatte meinen Reiseführer dabei und zeichnete auf, was ich sehen möchte. Von einem Taxi wussten sie nicht so recht etwas, aber einer meinte, er könne mich fahren. Den Preis konnte ich akzeptabel runterhandeln, aber der vermeintliche Fahrer rufte jemanden an, der mich fahren sollte. Währenddessen war ich von über zehn Männern umringt, die an mir, meinem Reiseführer und unserer Verhandlung interessiert waren. Wir schauten gemeinsam ein paar Bilder von Xinjiang an und ich sagte, dass ich Deutscher wäre. Das fanden sie spannend, denn hier war ich als nichtchinesischer Staatsbürger eine Seltenheit. Kurz bevor doch noch ein Taxi auftauchte, war ich in den Kia meines jungen Fahrers eingestiegen. Er hörte uigurische Musik und sang manchmal mit. Als wir Kamele sahen, hielt er an. Schnell merkte er, dass sie zu weit weg waren und so stiegen wir durch den Zaun, damit ich ein Foto aus nächster Nähe bekommen konnte.
Im Schwanensee waren tatsächlich noch zwei Schwäne, aber teils war der See schon zugefroren.
Auf dem Weg stand eine Jurte, auch gab es grasende Schafe und Kühe. Kurz vor dem Ziel war eine Ziehharmonika-Absperrung, die der Fahrer zusammenschob, nachdem er im Häuschen daneben niemanden vorfand. Und dann tat sich ein unglaublich schönes Panorama auf, bis hin zu den verschneiten Bergen des Tianshan.
Richtung Westen konnten wir die vielen Schleifen des Flusses Kaidu sehen, der auch als Jiuqu Shibawan (Neun Mäander und 18 Biegungen) bekannt ist.
Auch fotografierten wir uns noch zusammen.
Auf dem Rückweg hielten wir noch am buddhistischen Barun-Tempel.
Nach dem Abschied zog es mich nochmals an den Fluss zu Füßen der Berge.
Auf der gegenüberliegenden Flussseite grasten unzählige Yaks, auf meiner Seite ein paar Schafe.
Etwas weiter bei der Brücke über den Fluss waren Pferde.
Über der Brücke ergab sich nochmals ein schöner Blick.
Weil es noch hell war, stieg ich ein zweites Mal die Treppen hoch auf den Hügel und blickte rundum und auf das Dorf Bayanbulak.
Unten waren zwei Kinder. Einem half ich, die Kette wieder auf’s Rad zu bringen.
Ich trieb mich noch draußen rum, bis es dunkel wurde und ließ mir dann in der Pension ein scharfes Gericht mit Kartoffeln und Gemüse geben. Danach kümmerte ich mich um meinen Blog.
Do. 23.10.2014
Früh stand ich auf und wurde von einem Bus die paar hundert Meter zum Busbahnhof mitgenommen, wo ich offiziell ein Ticket bekam und in den richtigen Bus umstieg. Dieser stellte sich nach einer Weile an die bekannte Stelle vom Vortag und wartete, bis mehr Passagiere dazukamen. Ein mongolischer Schafhirte, der seine Freundin zum Bus brachte, sprach mich auf englisch an und er und seine Freunde interessierten sich für meine Reisefotos auf der Digitalkamera. Sie erkannten meinen Fahrer vom Vortag und hatten einen ganz anderen Blick auf die Fotos, so bewunderten sie die Pferde einer Sankt Petersburger Kutsche und die touristischen Jurten bei den Kalas in Usbekistan. Sie fragten auch, ob es in den russischen Bergen bei Kirowsk keine Schafe gab. Nach vier Stunden war der Bus voll inklusive drei Welpen und vier Säcken aus der Privatscheune eines Passagiers, die wir noch ansteuerten. Ich war etwas unruhig, weil ich nicht wusste, ob ich meinen Anschluss-Nachtzug in Hejing aufgrund der späten Abfahrt noch bekommen würde. Die Fahrt war wiederum sehenswert mit Sicht auf das Tianshan-Gebirge. Vor einem Flusstal machten wir Halt.
Im Flusstal gab es Lehmhaus-Siedlungen, Jurtendörfer und weidende Kühe. Letztlich hatten wir die Berge hinter uns und zur Dämmerung kamen wir in der beleuchteten Kleinstadt Hejing an. Dort half mir ein Sicherheitsbeamter ungefragt weiter: Mit dem Taxi kam ich zum Bahnhof.
Mo. 20.10.2014
In der Dunkelheit ging ich laut Stadtplan zum Lidu Hotel, das ich von meinen Recherchen im Vorfeld kannte und von dem ich hoffte, dass es Ausländer aufnehmen würde. In der Tat nahm mich die junge Frau an der Rezeption auf, auch wenn wir kaum miteinander kommunizieren konnten. Nun hatte ich das bisher luxuriöseste Zimmer meiner Reise.
Im Fernseher schaute ich noch ein altes Spiel der Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki an.
Di. 21.10.2014
Beim Frühstück freute und wunderte sich eine junge Frau, auch Hotelgast, dass ich hier reise, obwohl kaum einer englisch spricht.
Am Busbahnhof bekam ich anstandslos ein Ticket für den gleichen Tag nach Bayanbulak. Die Kommunikation war zwar etwas schwierig, aber die Dame blätterte geschickt in meinem Reiseführer, der auch die wichtigsten chinesischen Wörter beinhaltete, und zeigte auf die Stadt Xinyuan, das die Endstation meines Busses war. Nur musste ich mich noch sechs Stunden bis zur Abfahrt gedulden, aber das war kein Problem. Ich hatte damit gerechnet, dass es keine Busse gab oder ich als Ausländer dort nicht hinfahren durfte. Ich kam dem Traum vom Bayanbulak-Grasland immer näher und war nun außerhalb meines Plans (Visumsantrag) unterwegs. Mit Sack und Pack ging ich zu einem Kleinrestaurant und aß ein paar Manti und bekam in der langen Zeit, in der ich an meinem Blog schrieb, drei Kannen Tee.
Eine Toilette gab es dort nicht, drum ließ ich meinen großen Rucksack dort stehen und suchte auf dem Markt nach einer. Was hatte ich im Vorfeld darüber gelacht, dass ich so toll auf chinesisch nach der Toilette fragen kann. Nun war mir das in meiner Not mehr als hilfreich und ich war dem Mann mit Toilettenpapier am Eingang und der Rinne mit umgebener Kabine ohne Tür unendlich dankbar. In der Fußgängerzone mit Marktständen und Einkaufsläden wurde ich in allen drei Abschnitten von Sicherheitskräften durchsucht.
Insgesamt war ich von der enormen Militärpräsenz in der Stadt überrascht. Am Busbahnhof wusste ich nicht so recht, wo ich hin musste. Da schaute nach der Sicherheitskontrolle ein Mann auf mein Ticket und nahm mich mit. Es war einer der Fahrer des Busses, der mich zu seinem Liegebus brachte, mir eine Tüte für meine Schuhe gab und mich auf meinen Platz wies.
Fr. 17.10.2014
Mit der Landung in Ürümqi war ich also auf chinesischem Boden, aber noch nicht eingereist. Vor der Passkontrolle war ein unkoordiniertes Gedränge und ich war trotz aller Mühen einer der letzten, der zu den Passkontroll-Schlangen durfte. Das wäre mir egal gewesen, aber ich musste in der knappen Umsteigezeit mein Gepäck holen und neu aufgeben, also war ich doch etwas angespannt. Nun kam mein Zweitpass ins Spiel. Ich antwortete, dass ich aus Bischkek eingereist war. Der Beamte suchte nicht nach einem kirgisischen Stempel, sondern haute mir den chinesischen drauf und das war’s. Mein Gepäck fand ich auf dem falsch ausgezeichneten Band wieder und gelangte nach mehrmaligem Durchfragen zur Gepäckaufgabe, knapp aber noch rechtzeitig. Nun war der Weg nach Kashgar frei. Im Flugzeug konnte ich von meinem Fensterplatz sehen, wie wir erneut über das verschneite Tianshan-Hochgebirge flogen.
Im zweiten Teil des Fluges konnte ich nur ins wüstenneblige Nichts oberhalb der Sandwüste Taklamakan schauen. Am Flughafen Kashgar fand ich in der Abflughalle einen chinesischen Geldautomaten und war wieder flüssig. Allerdings war der Minibus abgefahren und ich musste ein Taxi nehmen. Der uigurische Fahrer wollte mir einen Kashgar-Stadtplan geben, den ich mir aber bereits am Flughafen besorgt hatte. Ich stellte schnell fest, dass hier die von den Chinesen gebauten Straßen breiter waren und es etwas geordneter als auf den kirgisischen Straßen zuging. Auffallend waren die vielen Elektroroller und das gar nicht chinesisch aussehende Volk der Uiguren. Von Kirgisistan kommend war das kaum eine Umstellung, weder äußerlich noch sprachlich: Uigurisch gehört ebenfalls zu den Turksprachen, auch wenn die arabische Schrift verwendet wird. Zuverlässig wurde ich an der Id-Kah-Moschee herausgelassen und bekam gleich einen Eindruck von der lebendigen Altstadt: Um die Moschee saßen ältere Männer zumeist mit Ziegenbart und Tubeteika, auf der Straße wurde Obst, Brot und Hammelfleisch verkauft und durch die schmale Straße schoben sich Fußgänger, Elektroroller und dreirädrige Pickups. Die Menschen zeigten sich mir als westlichen Touristen eher als zurückhaltend und keinesfalls als aufdringlich. Dennoch wurde ich ohne zu fragen von einem jungen Mann auf den Eingang zum Pamir Youth Hostel im dritten Stock hingewiesen. Ich fühlte mich direkt wohl und sicher in der Stadt. Im Hostel konnte ich von der schönen Terrasse auf die Straße blicken.
Immer wieder dudelte auch die hier überhaupt nicht herpassende Melodie von „We wish you a merry Christmas and a happy new year“ auf der Straße und ich konnte bis zum Schluss nicht ausmachen, woher genau. Dann machte ich mich los und ging durch diese Straße, aß ein dort lecker zusammengemischtes und gewürztes Gericht, fand auch ein Flaschenbier für den Abend und ging entlang eines Handwerkmarkts zum Flüsschen Tuman und über die Hauptstraße wieder zurück. Bei Dunkelheit genoss ich wieder den Blick von der Terrasse und kam mit einem Holländer und einer Malaysierin ins Gespräch.
Nun hörte man aus der Ferne immer wieder ein Trommeln und Tröten, das von fahrenden Hochzeitsgesellschaften kam. Im Sechser-Zimmer waren neben mir noch ein Paar aus Peking und ein junger Chinese.
Sa. 18.10.2014
Zu Beginn des Tages schaute ich mir die neben dem Hostel stehende Id-Kah-Moschee an.
Das Innengelände war sehr schön hergerichtet: eine kleine Allee, Grünanlagen, ein Teich und Gebetsflächen, die mit Teppichen ausgelegt werden können.
Die Räumlichkeiten hatten schöne Holzdecken und -säulen, typisch für die Seidenstraße, auf der ich mich wieder befand. Nun machte ich mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Dort erzählte ein Mann etwas und zwanzig andere Männer standen mit verwunderten Gesichtern und offenen Mündern rundum. Das ist eine ganz typische Straßenszene in Kashgar, aber ich stand womöglich ebenfalls mit offenem Mund daneben und betrachtete die uigurischen Gesichter. Im Bus gab es beim Einstieg einen wie eine Spendenbox aussehenden Einwurf für den 1-Yuan-Schein, den Fahrpreis. Drin war alles auf chinesisch, auch die einen vollplerrende Werbung am Fernsehschirm. Am Bahnhof tauschte ich meinen Ausdruck von der chinesischen Online-Reiseagentur in richtige Zugtickets um, wofür ich durch zwei Sicherheitskontrollen gehen musste. Geschickt erwischte ich einen Bus direkt zum Apak-Hotscha-Grabmal, einem sehr schönen typischen Seidenstraßen-Bau mit glasierten Kacheln und einer Freitagsmoschee mit individuell gestalteten Holzsäulen.
Rundum waren Rosengarten und im Inneren unter der Kuppel waren die Gräber des im 17. Jahrhundert Herrschenden und seiner Familienangehörigen, wobei seine Enkelin Xiang Fei (duftende Konkubine) erwähnenswert ist, die zuvor uigurische Aufständische anführte, aber besiegt wurde und als Konkubine des Kaisers Qianlong endete. Auch außen war eine riesige Grabanlage. Beim östlichen Stadtsee Dong Hu traf ich auf riesige Kontraste: auf der einen Seite waren riesige neu gebaute Hochhäuser, Kräne und ein Riesenrad, auf der anderen Seite eine uralt wirkende uigurische Flachdach-Lehmhäuser-Siedlung.
Um den See hatten die Chinesen eine schöne Grünfläche und Ruheoase geschaffen.
Auf der Straße konnte ich einen der wenig übrig gebliebenen Eselskarren vor dem Hintergrund der Hochhäuser sehen, sonst war größtenteils Elektroantrieb angesagt.
Um den und im Volkspark spielten Männer- oder Frauengruppen Karten oder Schach. Oft standen andere drumrum und wussten es vermeintlich besser, wo die letzte Schachfigur hätte hingestellt werden müssen. Im Volkspark war ein boomender Rummel mit allen möglichen Fahrgeschäften und staunenden Menschen drumrum. Zuletzt schaute ich mir noch das Grab von Yusup Has Hajip, einem uigurischen Dichter des 11. Jahrhunderts, an. Auch dies war ein beeindruckender Bau mit glasierten Kacheln und einem Rosengarten.
Auf dem Rückweg ging ich am dem Platz des himmlischen Friedens nachgeahmten Hauptplatz mit riesiger Mao-Zedong-Statue und chinesischer Flagge vorbei durch die Altstadt mit ihren vielen Läden.
Im Hostel kam ich nun mit Max aus Holland näher ins Gespräch und wir gingen später noch auf den Nachtmarkt um die Ecke, auf dem Essen aller Art angeboten wurde. Wir aßen bei einem Jungen verschiedene Spieße mit Soße und nach Wahl etwas Schärfe und danach aufgeschnittene Honig- und Wassermelonen.
Unsere Melonenreste landeten bei den anderen, direkt neben einem Schild, auf dem stand, dass man keinen Müll auf den Boden werfen darf. Unglaublich viele Eindrücke prasselten auf dem Nachtmarkt auf mich nieder.
Später trafen wir im Hostel den fröhlich aufgelegten Japaner Kenta und beschlossen, dass wir am nächsten Tag gemeinsam zum Viehmarkt gehen werden.
So. 19.10.2014
Ren aus Guangzhou schloss sich ebenfalls an und wir aßen erst mal in der Altstadt zu viert 20 Hammelfleisch-Schaschlikspieße zum Frühstück. Kenta war in der Woche zuvor schon auf dem Viehmarkt und kannte die Busverbindung. Im Bus gabelten wir noch meinen chinesischen Zimmergenossen Vincent auf und waren somit zu fünft. Der Viehmarkt war vergleichbar mit denen in Kirgisistan, aber es gab auch Kamele, Yaks, Ziegen und Esel, dafür keine Pferde.
Wir konnten auf dem großen, geordneten Viehmarkt schön an alle Tiere im Sauberen herankommen. Am Rande des Marktes wurde Essen jeglicher Art verkauft, z.B. frisch gebackenes Brot und Fleisch von frisch geschlachteten Schafen.
An einer Stelle lagen Fell, Innereien und Schafkopf noch daneben. An der Bushaltestelle standen viele Uiguren, die sich für uns interessierten. Als Kenta seinen japanischen Pass herausholte, war er von einer Traube staunender Männer umgeben.
Gemeinsam gingen wir durch den Sonntagsmarkt, auf dem es alles zu kaufen gab. Bei den Trockenfrüchten und Walnüssen schlugen wir zu, konnten aber schwer die hoch angesetzten Preisvorschläge zu akzeptablen Preisen herunterhandeln.
Am interessantesten war der bunte Seidenmarkt, auf dem sich unzählige Frauen tummelten und auch einkauften.
Der Heimweg führte uns durch die Flachdach-Lehmhäuser-Siedlung, in der Kinder spielten und ein dreirädriger Pickup um unsere fotografierende Gruppe schoss.
In der angrenzenden östlichen Altstadt wurde ebenfalls auf der Straße verkauft: Brot, Gemüse, Tee und Töpferwaren. Zudem waren oder wurden die Häuser mit aufwändigen Verzierungen versehen.
Für ein gemeinsames Abendessen im Hostel besorgte Ren Fleisch und ich Bier und wir saßen auf der Terrasse zusammen, wo sich später Jimmy aus Taiwan dazugesellte.
Obwohl uns das Bier bald ausging und manch einer müde war, saßen wir noch sehr lange zusammen: Ich bekam neue Einträge in mein Büchlein, wir tauschten die Kontaktdaten aus, hörten Musik (z.B. Whatever von Oasis oder Atlas‘ Hands von Benjamin Francis Leftwich, beides Hymnen für Langzeitreisende) und machten Fotos.
Auch andere Hostelgäste wollten ein Foto mit Max, dem Jungen mit dem goldenen Haar. Jimmy holte seine Polaroid-Kamera und schenkte mir ein gemeinsames Foto und Vincent schnappte sich die Gitarre des Hostels und spielte. Irgendwie konnten und wollten wir an dem Abend nicht voneinander gehen. Zum Schluss hörten wir uns noch unsere verschiedenen Nationalhymnen an und dann beendeten wir den Tag. Im Zimmer sagte mir Vincent noch, dass der Westsee in seiner Studentenstadt Hangzhou auf der Rückseite des 1-Yuan-Scheins abgebildet ist.
Mo. 20.10.2014
Kenta und ich hatten den gleichen Zug für die Weiterfahrt, darum gingen wir zusammen zum Bahnhof. In der Wartehalle erkannte uns ein Mann vom Viehmarkt wieder. Leider war ich drei Waggons weiter als Kenta, aber nach einem Ruhepäuschen besuchte ich ihn in seinem Waggon und wir unterhielten uns z.B. darüber, dass er drei Jahre lang 90 Stunden pro Woche gearbeitet hat.
Später unterhielten wir uns über ein Übersetzer-Programm mit einem jungen Chinesen, der den deutschen Fußball etwas kannte. Nach dem Abschied von Kenta schauten die zwei Männer in meinem Abteil auf meinen deutschen Pass, aber viel Kommunikation war leider nicht möglich, zudem war ich bereits in Kuqa angekommen.
Mi. 15.10.2014
Mit dem Flugzeug überflog ich in 50 Minuten all die Berge, die wir in der Woche zuvor in der langen Minibusfahrt bezwungen hatten.
Im Hostel wurde ich auf deutsch vom Mädchen an der Rezeption begrüßt. Nun konnte ich Bischkek doch noch bei Sonnenschein erleben und ging zum Ala-Too-Platz, wo am riesigen Fahnenmast gerade Wachablösung war und eine kirgisische Familie ein Foto machte.
Später gab es vor der Statue von Kurmandschan Datka im Rahmen des Internationalen Festivals zum 150. Jahrestag von Toktogul Aufführungen von traditionellen Musik- und Tanzgruppen aus der Gegend in und um Kirgisistan. Eine Dame machte mit einem Blättchen einen beatboxähnlichen Technosound, der immer wieder auch ländliche, traditionelle Töne beinhaltete.
Eine Mädchengruppe tanzte elegant in bunten traditionellen Kleidern.
Und selbstverständlich wurde auf dem Komus, einem dreisaitigen kirgisischen Zupfinstrument, gespielt.
Im Hostel kümmerte ich mich abends um meine Weiterreise nach China.
Do. 16.10.2014
Ich machte mich auf den Weg zum Siegesplatz, auf dem sich später eine Hochzeitsgesellschaft tummelte.
Im Hostel las ich die letzte Geschichte (Aug in Auge) von Tschingis Aitmatow und war etwas wehmütig, von Kirgisistan Abschied nehmen zu müssen. Über das Opernhaus ging ich nochmal zum Ala-Too-Platz und schrieb dort Postkarten, wo ein Jugendlicher passend zur Sonnenuntergangs- und Abschiedsstimmung auf der Gitarre spielte und leise sang.
Nach dem Sonnenuntergang kehrte ich dem großen Platz den Rücken.
In der Kneipe Edgar gönnte ich mir zum Abschied ein halbes Hähnchen und einige Steinbräu-Biere, die von einem deutschen Brauhaus in Bischkek kommen, während eine Jazzcombo Musik machte. Draußen in der Dunkelheit war laute Musik zu hören: Da war eine fahrbare Karaoke-Musikbox. Ich wurde eingeladen mich dazuzusetzen und hätte sogar englische Musik singen können. Ich lauschte dann doch lieber den kirgisischen Popsongs, die die jungen Leute sangen. Auch eine junge Frau sang und ihr Freund hielt sie und ihre Handtasche dabei.
Fr. 17.10.2014
Ganz früh vermachte ich mein Russisch-Wörterbuch und mein Tschingis-Aitmatow-Buch der deutsch sprechenden Rezeptionistin und meinen Lonely Planet Central Asia dem Hostel. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln schaffte ich es zum Flughafen, wo ich meinen Ausreisestempel bekam. Der Flug nach Ürümqi war sehr sehenswert: Wir flogen über fast das komplette Tianshan-Gebirge und ich nahm Abschied von Kirgisistan.